von Matthias Köberlein – Multikulturelles Zentrum Trier – grenzwertig. Zeitschrift für Migration und Menschenrechte – 29.05.2016
Es ist ja wirklich ein leidiges Thema. Deshalb haben viele Leute, die sich als links verstehen, auch aufgehört großartige Diskussionen darüber zu führen und sich aufzuregen. Beim Anblick der „Mohren-Waffeln“* im Süßigkeitenautomaten am Trierer Hauptbahnhof ist unsereine*r dann auch eher sarkastisch belustigt. Wenn dann nur zehn Minuten später in der letzten Regionalbahn von Trier ein paar Männer „Deutschland den Deutschen“* rufen, dann macht sich doch wieder erhebliche Unruhe im Bauch breit. Das ist dann schon bedrohlich und macht wieder klar: Wir sollten nicht in Sarkasmus verfallen – wir sollten nicht aufhören uns zu beschweren.
Die political correctness ist ja zu Recht in der Kritik. Ein ganz wunderbares Beispiel ist die neue Staffel der sozialkritischen Cartoon-Serie South Park, in der ein weißer* männlicher Akademiker zum Schulleiter berufen wird und aggressiv mit allen Mitteln politische Korrektheit durchsetzen will. Letztendlich lautet die dort vermittelte Botschaft zum Thema political correctness: Der Versuch, die Sprache von Diskriminierung zu befreien, schließt bestimmte Menschen aus. PC ist Gentrifizierung der Sprache. Wer nämlich nicht über die nötigen Mitteln (Zeit, formale Bildung, Intelligenz, soziales Umfeld) verfügt, um sich politisch korrekt auszudrücken, wird von der „PC-Polizei“ bestraft. South Park schlägt damit gegen die akademische rassismuskritische Szene in den USA, die sich in Deutschland eher unter dem Begriff der critical whiteness sammeln lässt. Es sind die Priviligierten, die alle anderen mit ihrer Privilegienkritik beherrschen. Letztendlich werden so die kapitalistischen Verhältnisse, die die Ungleichheiten von Bildung, Macht und so weiter reproduzieren auf eine perfide Weise stabilisiert. In der Soziologie hat sich in den letzten Jahren für diese Diskriminierung aufgrund von Bildungsgrad (und damit verbunden finanziellen Mitteln) der Begriff Klassismus eingebürgert.
Damit sollten die Widersprüche der political correctness deutlich geworden sein. Die Kritik à la South Park sollte uns dazu bewegen, sensibler gegenüber den Voraussetzungen unserer Gesprächspartner*innen zu werden. Schließlich ist Rassismus ein Abgrenzungsmechanismus, dem sich kaum ein Mensch entziehen kann. Wir sind also alle rassistisch geprägt, weil wir soziale Wesen sind, die in einer rassistischen Welt aufwachsen. Es kommt viel mehr auf den Willen der jeweiligen Person an, diesen Rassismus (in der Welt und im eigenen Selbst) zu bekämpfen. Das scheint auch der Mainzer Unternehmer Thomas Neger nach zähen Diskussionen über sein rassistisches Firmenlogo verstanden zu haben. Er gab vor etwa einem Jahr an, sein Firmenlogo von einer Schwarzen Designerin entschärfen zu lassen. Dass dies nur ein Lippenbekenntnis war, ist offenkundig, weil sich am Logo bis heute (Mai 2016) nichts geändert hat.
Ein vergleichbarer Fall ist die Trierer Werbeagentur Buschmann, die ebenfalls einen rassistischen Bezug zu ihrem Firmennamen herstellt. Andere linke Gruppen haben sich schon darüber empört, aber genau wie beim Mainzer Fall stehen hier wirtschaftliche Interessen im Weg, es geht um Wiedererkennungswert und so weiter. Das gilt natürlich auch für die erwähnten Mohrenwaffeln* und ganz bekannt sind ja auch Negerküsse* aka Mohrenköpfe* aka Schokoküsse.
Wenn es nicht um wirtschaftliche Interessen geht, dann wird mit Tradition argumentiert: So hat Katrin Göring-Eckardt von den Grünen kürzlich wieder im Fernsehen verlauten lassen, bei Pippi Langstrumpf wäre das mit dem Negerkönig* schon in Ordnung, weil das sei ja Kulturgut oder Kunst oder so. Aber auch in der Kunst bleibt Rassismus rassistisch, sogar in Gedichten von Jan Böhmermann.
Als letztes lokales Beispiel sei hier noch die Siedlung Mohrenkopf* in Trier-Pallien erwähnt. Wie schön ist doch das Café Mohrenkopf* – es würde wirtschaftlich wohl locker eine Namensänderung überleben. Aber Siedlung und Café werden ihren Namen behalten, weil sie doch schon immer so hießen, das ist halt Tradition und stört ja auch keinen – so würden viele argumentieren.
Hier sollten wir stets widersprechen. Es stört uns sehr wohl. Für viele sind solche Bezeichnungen bedrohlich, sie machen Angst. In einer Welt in der solche Bezeichnungen sich halten, wo rassistische Bebilderung sich hält, bleibt der Rassismus stabiler Teil der vorherrschenden Denkweise. Viele werden mit reingezogen, die gar nicht rassistisch sein wollen. Auch wenn wir Verständnis haben für diejenigen, die mit hereingezogen wurden, wir sollten für den Ausweg eintreten und denen mutig entgegentreten, die sich rassistischer Symbolik und Sprache unkritisch bedienen. Auch wenn wir einsehen, dass dies Angesichts der kapitalistischen Verhältnisse nur eine Tropfen auf den heißen Stein ist.
*In diesem Artikel werden rassistische Ausdrücke aufgegriffen, um sie konkret zu kritisieren.